Atem ist Leben
Gesundheit durch Atemintegration
Bewusstheit über den Atemfluss und spezielle Atemtechniken fördern die Einheit und Gesundheit von Geist und Körper. Besonders in Zeiten starker Belastung, Stress und emotionaler Krisen ist bewusstes Atmen ein Weg, die eigene Mitte und Ausgeglichenheit zu stärken und das innere und äußere Wachstum zu unterstützen.
In vielen alten Kulturen, Meditationsschulen und Therapieformen ist das Atmen auf unterschiedliche Weise ein zentrales Mittel, um körperliche und geistige Lern-und Erfahrungsprozesse in Gang zu setzen oder zu unterstützen.
Die erste Handlung in unserem Leben ist das Einatmen, die letzte das Ausatmen. Dazwischen spielt sich unser ganzes Leben ab.
Der Atem ist unsere vitalste Energiequelle:
- Über den Atemvorgang unseres Körpers wird dieser biologisch mit Energie versorgt, es werden Ablagerungen und Gifte verbrannt und ausgeschieden. Die Lunge ist nach der Haut das größte Kontaktorgan des Körpers. Je wirksamer wir atmen, desto frischer und gesünder bleiben die Zellen unseres Körpers.
- Auf der geistigen und psychischen Ebene ist der Atem Träger von Lebensenergie (Prana). Durch das Ein und Aus der Atembewegung sind wir mit dem Rhythmus, dem Pulsieren des Lebens verbunden. In der Art und Weise, wie wir den Strom des Lebens in uns aufnehmen und wieder loslassen, spiegeln sich viele unserer Gedanken und Einstellungen zum Leben. Indem wir anders atmen, leben wir anders.
- Über den Atem können wir unsere Emotionen beeinflussen. Oft entstehen Atemstörungen durch unterdrückte Gefühle, durch Unterdrückung von ursprünglichen Lebensprozessen in uns selbst.
Je freier wir atmen, desto freier sind wir in unseren Gefühlen und unserem Handeln.
Der physiologische Aspekt
Der physiologische Aspekt
Physiologisch dient die Atmung dem Gasaustausch, der Aufnahme von Sauerstoff und der Abgabe von Kohlendioxid. Die Körperzellen benötigen Sauerstoff zur Verbrennung von energetischen Substanzen (Zucker, Fett) also zur Gewinnung von all der Energie, die der Körper für Bewegung, eine konstante Körpertemperatur und seinen Stoffwechsel braucht.
Die Sauerstoffaufnahme erfolgt in der Lunge und wird über den Blutkreislauf zu den Körperzellen transportiert. Bei jeder Einatmung dehnen sich die zwischen den Rippen befindlichen Muskeln aus. Zudem wölbt sich das Zwerchfell, unser Hauptatemmuskel, nach unten. Dadurch strömt Luft in die Lunge, der Bauch dehnt sich aus, die inneren Organe werden massiert (dieses setzt aber eine optimale Zwerchfellatmung voraus).
In der Regel erfolgt die Steuerung der Atmung unwillkürlich - damit dies z.B. auch im Schlaf funktioniert - vom sogenannten Atemzentrum aus, das sich im Hirnstamm befindet. Das Atemzentrum steht in enger Beziehung zum vegetativen (unwillkürlichen) Nervensystem, bestehend aus Sympathicus und Parasympathicus. Vereinfacht ist der Sympathicus für die Einatmung, der Parasympathicus für die Ausatmung zuständig. So ergibt sich die Möglichkeit, über die Atmung auf das vegetative Nervenzentrum therapeutisch regulierend einzuwirken.
Atem als Brücke
Der Atem - Brücke zwischen Körper und Geist
Atmung ist mehr als eine bloße Körperfunktion. Durch den wechselseitigen Rhythmus des Ein- und Ausatmens sind wir mit dem Pulsieren alles Lebendigen verbunden. Die Polarität, die wir außen z.B. mit dem Wechsel von Tag und Nacht erfahren, erleben wir durch das Ein- und Ausatmen innen, tief in uns, und zwar ständig. Der Atem ist unser ständiger Begleiter und wird uns ein wahrer Freund, wenn wir lernen, ihn willkürlich, bewusst einzusetzen.
Die Einatmung ist wie eine Spannung, die wir zum Handeln brauchen, die
Ausatmung eine Ent-Spannung, die wir nach dem Handeln benötigen.
Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid auf der körperlichen Ebene zeigt deutlich, was mit der Aufnahme und Abgabe, mit dem (Hin-)nehmen und (Her-)geben, mit dem Annehmen und Loslassen auf der geistig-seelischen Ebene oder mental-emotionalen Ebene eigentlich geschieht.
Etymologisch gesehen verwenden alle alten Sprachen für Atem dasselbe Wort wie für Seele oder Geist:Im Lateinischen heißt Spirare atmen und Spiritus Geist, ein Wortstamm, dem wir in dem Wort Inspiration wiederfinden. Dieses • bedeutet wörtlich Einhauchen, was mit Einatmen und Hineinnehmen untrennbar verbunden ist. In der indischen Lehre ist der Atem Träger der eigentlichen Lebenskraft, die Prana genannt wird. In der biblischen Schöpfungsgeschichte wird uns erzählt, dass Gott dem geformten Erdenkloß seinen göttlichen Odem einhauchte und so den Menschen zu einem lebendigen Seelenwesen machte.
Durch dieses Bild sind wir dem Geheimnis des Atems schon sehr nahe:
Der Atem gehört nicht zu uns, noch gehört er uns. Der Atem ist nicht in uns, sondern wir sind im Atem. Über den Atem sind wir ständig verbunden mit etwas, was jenseits des Geschöpften, jenseits der Form (des materiellen Körpers) ist. Wir können es erfahren, indem wir uns ihm öffnen und ihn durch uns hindurchfluten lassen.
Der Atem ist die Nabelschnur, durch die dieses Leben durch uns hin fließt
und er sorgt dafür, dass wir in dieser Verbindung bleiben.
Der Atem bewahrt davor, dass der Mensch sich ganz abschließt, sich ganz verschließt. Machen wir uns bewusst, dass wir die gleiche Luft einatmen, die auch unser „Feind" ein- und ausatmet, es ist die gleiche Luft, die Tier und Pflanze atmen.
Der Atem verbindet uns ständig mit allem und jedem, ob wir es wollen oder nicht.
Atem hat etwas mit „Kontakt" und „Beziehung" zu tun, Beziehung zu uns selbst, zu den anderen, zu der Natur, zu höheren Dimensionen. Dann wird verständlich, wenn jemand sagt, dass ein anderer Mensch ihm „die Luft wegnimmt': Der Widerwille, über den Atem mit jemand in Kontakt zu kommen, zeigt sich z.B. in einem Spasmus beim Ausatmen, wie es beim Asthma der Fall ist.
Atemmuster
Entwicklung der Atemmuster
Wenn wir ein Baby beobachten, sehen wir, wie entspannt und tief es atmet. Beim Einatmen wölbt sich sein Bauch, beim Ausatmen wird er wieder flach. Seine Lunge füllt sich vollständig mit Luft. Sein Atem fließt frei und überall hin. Wenn es schreit, schreit es von Kopf bis Fuß und wenn es lacht, lacht jede Stelle seines Körpers mit. Es zeigt alle seine Gefühle und hält keinen Impuls zurück.
Es ist der Einheit sehr nahe, die wir
Erwachsenen anstreben, nach der wir
uns sehnen.
Viele Menschen verlernen das natürliche Atmen auf Grund der Lebensbedingungen und begrenzenden Einstellungen (Glaubenssätzen), mit denen sie aufwachsen. (siehe Grafik: Die Konstellation der Unterdrückung).
Dazu ein Beispiel:
Ein kleines Kind weint, doch seine Mutter fordert es auf, mit dem Weinen aufzuhören. Wie kann das Kind der Aufforderung seiner Mutter gerecht werden? Dadurch, dass es seinen Atem anhält (1) und gleichzeitig eine Stelle in seinem Körper anspannt (2). Denn nur so nimmt es sein Gefühl nicht mehr wahr (3) und entzieht seine Aufmerksamkeit dem, was es zum Weinen gebracht hat (3). Das Kind nimmt wahr, dass es aus irgendeinem Grund nicht angemessen ist, in dieser Situation zu weinen (4). Es ist schlecht, nicht in Ordnung, das zu fühlen und sich so zu zeigen (4). Wenn wir den Atem anhalten oder sehr flach atmen, nehmen wir unsere Gefühle nicht mehr so deutlich wahr. Im Laufe der Zeit wird es allmählich zu unserer festen Gewohnheit, nicht zu weinen oder nicht wütend zu werden. So lernen wir schon als Kinder, die Kontrolle zu behalten (5), indem wir unseren Atem einschränken (1).
Der Atem hat eine große Bedeutung für unseren Umgang mit unseren Gedanken und Gefühlen und insbesondere unserem Körper:
Jedes Gefühl ruft eine Empfindung in unserem Körper hervor und ist mit
dieser bestimmten Körperstelle verbunden.
Normalerweise achten wir nur auf unsere Gedanken und Gefühle, ohne deren Wirkung auf unseren Körper wahrzunehmen. Unterdrückung bzw. Abwertung von unerwünschten Gefühlen (wie Wut, Lust oder Traurigkeit) bedeutet das Eingreifen in die ursprüngliche Einheit von Körper, Atem und Geist. So wird im Körper eine erhöhte Spannung aufgebaut, Verhärtungen entstehen, die Atmung kommt ins Stocken. Parallel zur Entwicklung einer psychischen Struktur in jedem von uns entwickelt sich entsprechend unserer Atem-Muster eine individuelle Körperstruktur.
Zur Verdeutlichung:
Mit einer Körperhaltung mit vorgezogenen Schultern und rundem Rücken ist wenig Platz im Brustkorb für die Einatmung. Eine schlechte Voraussetzung, um Gefühle von Stärke, Sicherheit oder Wut ausleben zu können.
Der Körper lügt nicht, und die verdrängten Teile unseres Selbst machen sich irgendwann einfach bemerkbar durch schmerzende oder erkrankende Körperstellen, durch Gefühlsausbrüche, die zum Zusammenbruch führen oder durch Lebenskrisen.
Es ist der Augenblick, wo wir zu unserer Wachstumschance greifen können. Wir können uns freiwillig auf sanfte Weise unsere versteckten Seiten und Schwierigkeiten im Leben aktiv anschauen oder abwarten, bis wir passiv dazu gezwungen werden. Jeder hat die freie Wahl.
Verbundenes Atmen
Integratives verbundenes Atmen
Abwertung, Unterdrückung und Widerstand bewirken beim Energie- und Atemstrom im Körper Störungen und Hindernisse, die sich in verschiedenen Formen von Atemhemmungen niederschlagen. Sie beeinträchtigen unsere Wahrnehmung der aktuellen Situation und begrenzen unsere Möglichkeiten, damit angemessen umzugehen. (Siehe Grafik: Die fünf Elemente der Integration ).
Durch die bewusste Verbindung der Einatmung mit der Ausatmung - in einem entspannten Rhythmus - werden solche Atemhemmungen wahrnehmbar. Dieses verbundene kreisförmige Atmen (1) lenkt die eigene Aufmerksamkeit vollständig auf die Gegenwart in unserem Körper und hilft uns, mit dem Bewusstsein ganz in der Gegenwart und im Körper anwesend zu sein. Damit entsteht ein Kontakt mit unserem körperlichen Gefühl und den damit verbundenen Gedanken und Emotionen
Der verbundene Atem (1) bringt das hervor, was gerade ist und macht es uns bewusst. Jede Einzelheit im Körper wahrzunehmen (3) und dabei vollkommen entspannt zu sein (2), bedeutet ja zu sagen zu dem, was ist und es urteilslos anzunehmen
Dank der aufmerksamen Wahrnehmung jeder Einzelheit kann das wieder in Liebe angenommen werden, was früher abgelehnt und abgewertet wurde. Dieses Annehmen ist ein aktiver innerer Vorgang, indem wir aufhören, etwas abzuwerten (4). Dann entsteht/passiert Integration, ein zentraler Begriff der ganzheitlich 'integrativen Atemtherapie. Durch die bewusste Aufmerksamkeit auf die Atmung identifizieren wir uns nicht mehr mit den vorbeikommenden Gedanken und Gefühlen.
Dann beobachten wir uns selbst aus der Perspektive eines bewussten Ichs.
So werden wir innerlich immer sicherer, um vergangene schmerzliche Erfahrungen zu integrieren. Tiefe Gefühle wie Frieden und Glück werden wieder spürbar, wenn wir unsere einschränkenden Gedanken aufgeben. Sowohl geistig als auch körperlich lösen sich die Blockaden auf, und wir können uns dem Prozess anvertrauen (5). Die Kraft (Energie), die mit den Urteilen und Emotionen blockiert war, wird wieder freigesetzt (5). Dadurch entstehen für die jetzige Lebenssituation angemessene Wahlmöglichkeiten.
Integration bedeutet: bewusst wahrzunehmen, dass ich größer als mein Gefühl bin
und es so als einen Teil von mir bei mir tragen kann.
Die 2 Aspekte der Atmung
Einsatzmöglichkeiten der Atemtherapie
Der Einsatz des bewussten Atmens in der Psychotherapie hat zwei scheinbar gegensätzliche Funktionen.
Aktivierendes aufdeckendes Atmen (den Sympathikus aktivierend):
Sollen tiefer liegende Gefühle in Bewegung gesetzt werden, so ist dies vordringlich durch verstärktes und beschleunigtes Atmen zu erreichen (Betonung auf dem Einatmen). Diese Form dient insbesondere dann, wenn das Entwicklungsproblem in der Gefühlshemmung liegt, um den Zugang zu wirklichen Gefühlen zu öffnen. Bei manchen Formen der Depression, die durch Antriebsmangel gekennzeichnet sind, kann verstärkte Atmung den Energiepegel und damit das subjektive Wohlbefinden heben.
Entspannendes-beruhigendes Atmen (den Parasympathicus aktivierend):
Liegen traumatische Wunden und Verletzungen offen, so hilft das Atmen, zur Mitte, zur inneren Ruhe zu finden und zu entspannen (Betonung auf dem Ausatmen). Wenn z.B. Unruhe, Angst und Stress vorliegen, hat sich die entspannende Form der Atemarbeit, die hilft, zur Realität im Körper und zu feineren Körperempfindungen zu finden, bewährt.
Beide Schwerpunkte der Atmung können in einer Atemsitzung kombiniert werden. Letztlich balanciert sich der Atem und bildet in dieser Form häufig den Ausklang einer Atemsitzung. Bei verstärkter Einatmung (mehr Kraft, Selbstvertrauen) kommt auch mehr Ausatmung, dadurch mehr Entspannung zur Kraft. Bei Betonung auf der Ausatmung kommt auch mehr Einatmung, dadurch zugleich Kraft zur Entspannung.
Ganzheitlich integrative Atemtherapie
Ganzheitliche integrative Atemtherapie
(T. PlatteelDeur / H. Mensink, Holland) basiert auf spiritueller Psychologie und den Traditionen der humanistischen und transpersonalen Psychologie. Der Schwerpunkt liegt auf dem integrativen verbundenen Atmen. Kombiniert mit Methoden wie Voice Dialogue, Basistechniken des NLP, Massagen, Beziehungs- und Energiearbeit ist sie eine Therapieform, die Bewusstseinsprozesse begleitet, die zur Integration im Alltag führen.
Die körperlichen Auswirkungen des bewussten Atmens:
- Anregung des Stoffwechsels
- Erhöhung des Sauerstoffpegels
- Stärkung der Beckenboden-, Bauch- und Brustmuskulatur
- Regulierung der Verdauung
- Aktivierung der Körperdrüsen
- Abbau von Abfallstoffen
- Tiefe Entspannung
- Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte
- Unterstützung des Heilungsprozesses
Die geistig-seelischen Auswirkungen des verbundenen Atmens:
- Befreiung von alten Glaubensmustern
- Gefühle von Ekstase und Glücklich sein
- Atembefreiung (Atem geht von selbst)
- Geistige Entspannung
- Gefühle von Geborgenheit und Frieden
- Bewusstsein seines wahren Wesens
- Klarheit und gestärkter Wille
- Leichtigkeit im Denken u. im Leben
- mehr Lebensfreude
- Vertrauen in den Fluss des Lebens
- Eingebundenheit in eine höhere Ordnung
- Liebe fließen lassen